01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

Wasser, das Element des Lebens

Landschaftsarchitekt Soeren von Hoerschelmann über den Einsatz von Wasser im heimischen Garten.

Glücksquell, Lebenselixier, Urelement - Wasser ist ein einzigartiger Stoff, ohne den das Leben an sich schlichtweg unmöglich wäre. In seinen drei Aggregatzuständen ist es in unserem Alltag omnipräsent: Als Erfrischung, zur Reinigung, in technischen Anwendungen… die Beispiele sind zahllos. Bereits in der Antike galt Wasser als eines der Urelemente. Immerhin besteht der menschliche Körper zu mehr als der Hälfte aus Wasser. Etwas, von dem unser Leben derart abhängt, taucht natürlich auch in unserer Sprache auf und beeinflusst unsere Kultur. In der Gartenkultur spielt es im Dreiklang Stein – Wasser – Pflanze von Beginn an eine zentrale Rolle.

Dabei findet es auch hier ganz unterschiedliche Erscheinungsformen: Ruhend, sprudelnd, fallend, fließend, im Becken, in einer Schale, als Bach, Vorhang, Fontäne, Wasserfall, als Zier- oder Schwimmteich, formal, organisch, natürlich, riesig groß oder en miniature. Wir können es schmecken, sehen, riechen, fühlen, hören und oft genug alles auf einmal. Es spricht also unsere gesamten Sinne an. Von der schlichten Funktion als Lebensmittel an sich und der Notwendigkeit in der Nahrungsmittelproduktion, wurde es im Verlauf der Kulturgeschichte in den unterschiedlichen Epochen, Religionen und Gesellschaften mit reichlich Symbolik aufgeladen. Es dient in Zeremonien, steht für das Paradies oder als Spiegel zu einer anderen Dimension.

Ein Schwimmteich beispielsweise verschafft uns nicht nur direkte Abkühlung, sondern wirkt wie eine Flucht aus dem Alltag, wie ein Mini-Urlaub. Damit passt er sich ideal in den Trend des „Cocooning“, des „Hygge“ oder einfach des „Ich-mache-es-mir-zuhause-schön“ ein, bedient also unseren aktuellen Life-Style. Und doch bringt Wasser auch hier diesen riesigen Fundus aus Bedeutung, Symbolik und transzendentalen Inhalten mit, der ihm über die Zeit zugeschrieben wurde. Machen wir uns das bewusst, werden wir einerseits sensibel bei seiner Verwendung. Andererseits eröffnen sich neue Möglichkeiten, abseits des direkten Nutzens. Wasser bekommt dann eine Ebene abseits des Nützlichen, Stofflichen. Wie weit man das treibt, kommt auf die Haltung derjenigen an, die seine Verwendung planen.

Vielleicht reicht vielen aber auch schon die Faszination, die Wasser durch seine einzigartigen Eigenschaften hervorruft: Mal wirkt es ölig, geradezu viskos, dann wieder transparent wie Glas. Es spiegelt die Landschaft und den Himmel, erhellt so dunkle Orte und verdoppelt die Wirkung der Umgebung. Wind kräuselt seine Oberfläche, der Klang fallenden Wassers erfrischt und beruhigt gleichermaßen. Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an, in welcher Form Wasser dargereicht wird: Ob großer Teich oder kleiner Quellstein, allein die Präsenz dieses Elements lässt all seine Eigenschaften und Zuschreibungen anklingen.

Ganz zu schweigen von seiner Bedeutung als ökologischer Motor im Garten! Es ist faszinierend, wie schnell Wasser besiedelt wird. Ein Wasserläufer zeigt sich gerade einmal eine Woche nach Einbau des Stahlbeckens. Frösche verkriechen sich im kleinsten Speicher unter dem Wasserstein. Ein naturnaher Teich wimmelt nach kurzer Zeit von Bewohnern und Gästen: Libellenlarven, Wasserkäfer und zahllose andere Insekten finden hier eine Lebensgrundlage und bilden damit den Anfang einer ganzen Nahrungskette. Amphibien laichen im Wasser, Vögel kommen zum Trinken und Baden. Hier wird Wasser wortwörtlich zum Quell des Lebens, von dem wir als Mitbewohner nur profitieren können. Das biologische Gleichgewicht im Garten wird wesentlich stabiler und gesünder, Eingriffe mit der chemischen Keule noch unnötiger. Ganz zu schweigen von der Freude, die das Beobachten unserer vielen großen und kleinen Mitbewohner bereitet.

Dies alles wissend, ist es um so unverständlicher, mit welcher Sorglosigkeit Wasser immer noch verschwendet und verschmutzt wird. Ein Element, dessen Reinheit sprichwörtlich ist, sollte uns doch über alle Maßen wertvoll sein. Am Ende hängen wir schließlich alle von ihm ab. Diese tiefe Verbindung klingt immer mit, wenn wir unsere Gärten mit Wasser gestalten.

www.gaertenvonhoerschelmann.de

Fotos: Soeren von Hoerschelmann