01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

Professor Dr. Zec, Red Dot Award: 100 Jahre Bauhaus

Ein Beitrag von Professor Dr. Peter Zec, Initiator und CEO des Red Dot Awards.

Vor 100 Jahren rief Walter Gropius die Kunstschule „Staatliches Bauhaus“ in Weimar ins Leben, weitergeführt als Hochschule für Gestaltung in Dessau – ein wichtiger Meilenstein für die Designbranche. Obwohl es nur 14 Jahre lang bestand, gilt das Bauhaus als eine der bedeutendsten Entwicklungen des 20. Jahrhunderts und als einflussreichste Denkschule Deutschlands. Die Ideale, die aus der Ära hervorgingen, prägten nicht nur die hiesige Designkultur, sondern fanden auch im internationalen Raum große Beachtung. Die Kunst, das Design und die Architektur dieser Zeit, charakterisiert durch Funktionalität und Einfachheit, sind bis heute allgegenwärtig – ein Grund mehr, um das großartige Vermächtnis in diesem Jahr ­gebührend zu feiern.

1919 gegründet, verfolgte Walter ­Gropius mit der Designschule „Staatliches Bauhaus“ das Ziel, den Bau der Zukunft zu gestalten. Die Studierenden sollten sich im ersten Schritt mit neuen Materialien, ­Farben und Formen vertraut machen. Anschließend begann die Lehre in den Werkstätten, die die Bereiche Metallarbeit, ­Bildhauerei, Weberei, Keramik, Möbel, ­Typographie oder Wandmalerei umfasste. Dabei stand die enge Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Handwerkern unterschiedlicher Stilrichtungen stets im Fokus. Die Gleichberechtigung beider Disziplinen und das Hand-in-Hand-Arbeiten sowie die Kombination aus Lehre und Anwendung trugen Früchte und resultierten in zahlreichen richtungsweisenden Produktentwürfen. Diese konnten nach der Gründung der „Bauhaus GmbH“ auch in die industrielle Massenproduktion gehen.

In gestalterischer Hinsicht revolutionierten die Produkte des Bauhauses die Designbranche in ganz besonderem Maße. Schlichte Formen, Einfachheit, Funktionalität, neue Materialien wie Stahl, Beton und Glas sowie kunstvolles Handwerk prägten den Stil. Maßgebend für jeden Entwurf war die Effizienz und die Nützlichkeit eines Produktes. Entsprechend sollte auch seine Form ausschließlich von der Funktion beeinflusst sein. Laut Gropius machen die Konzentration auf das Wesentliche und auf klare Linien romantische Verzierungen und Verspieltheit überflüssig, da sie den eigentlichen Zweck des Objektes verschleiern – ein Ansatz, der auch heute noch modern ist.

Viele der damals entstandenen Produkte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Das zeigt beispielsweise der Wassily-Stuhl von Marcel Breuer aus dem Jahr 1925, einer der berühmtesten Entwürfe der Bauhauszeit. Er wird heute von Knoll hergestellt und ist nicht nur Bestseller, sondern auch eines der meistkopierten Möbelstücke überhaupt. Die Stahlrohr-Konstruktion reduziert den Stuhl auf seine wesentliche Form. Die kontrastreiche Kombination aus kaltem, glänzendem Stahlrohr und weichem, warmem Leder machen ihn zu einem echten Hingucker im Raum. Dennoch wirkt er unauffällig und zurückhaltend und fügt sich so in die verschiedensten Wohnsituationen ein.

Ebenso eine Ikone der Bauhaus-Moderne ist die Tischleuchte von Wilhelm Wagenfeld, der schon als Student Designgeschichte schreiben konnte. Das Unternehmen Tecnolumen stellt die Leuchte heute in vier verschiedenen Variationen her. Mit dem Einsatz von simplen geometrischen Formen wie dem runden Fuß und dem zylindrischen Schaft wird sie dem Leitsatz „Form follows function“ mehr als gerecht. Die Verwendung von vernickeltem Metall, Klarglas und mundgebla­senem Opalglas machen sie zu einem ­echten Klassiker. Die Produkte aus der damaligen Zeit sind nicht das Einzige, was geblieben ist. Angesichts der unzähligen digitalen und analogen Reize, denen wir täglich begegnen, ist es ein Segen, dass Designer sich wieder vermehrt auf das Prinzip der Einfachheit konzentrieren und dem technologischen Fortschritt so eine signifikante Form geben. Damit sorgen sie dafür, dass die immer komplexer werdenden Produkte dennoch selbsterklärend zu benutzen und leicht zu handhaben sind. Darüber hinaus erfordern es die neuen Technologien mehr denn je, dass Gestalter und Ingenieure eng zusammenarbeiten und gut miteinander kommunizieren. Obwohl die Designdiszi­plin heute ganz neue Dimensionen eröffnet, bleibt eines immer gleich: Auch 100 Jahre nach der Bauhaus-Gründung geht es stets darum, funktionale und ästhetische Produkte zu entwerfen, die unsere Lebensqualität verbessern.

Professor Dr. Peter Zec

Was bleibt. Das Prinzip der Einfachheit.