01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

IMPOSANTE DIMENSIONEN

Kein Zimmer gleicht hier dem anderen: Nach dem Entwurf von Nebel Pössl Architekten entstand mit diesem eindrucksvollen Haus ein ganz besonderer Ort am Rande Kölns – „ohne Aufregung“, wie der Architekt Thomas Nebel betont.

Gemeinsam wählten Bauherren und Architekt den langgezogenen, schmalen Bauplatz am Rande eines durchgängigen Waldgebietes nahe der Kölner Stadtgrenze. Lange Vorgespräche mit assoziativem Bildmaterial und eine Analyse von inspirierenden Vorbildbauten bildeten die Grundlage zur Leitidee: Ein Haus, das sich auf die Natur zubewegt und in dem jeder Innenraum eine andere Proportion und Charakteristik aufweist. Im Plan orthogonal schlicht, besitzt das Objekt in der Höhenentwicklung eine lebendige Komplexität. Um dessen dritte Dimension zu verstehen, wurde ein großformatiges und auseinandernehmbares Modell gebaut.

Begleitende Gartenmauern erweitern die inneren Raumfolgen in einer einladenden Geste zur Straße hin und zu dem geschützten rückwärtigen Garten. Sie bilden mit den zur Waldkante hin höher werdenden und tiefengestaffelten Gebäudemauern eine farbliche Einheit: Ein satter Grauton unterstützt die individuelle Körperlichkeit des Hauses und überlässt den Grüntönen der umgebenden Pflanzenwelt die Regie.

Nachdem man ein niedriges Foyer hinter sich gelassen hat, wird man durch wenige herabführende Stufen in den offenen Tagesraum mit einer plastisch vielfältigen Deckenlandschaft geleitet. Gleichzeitig wird der Blick in der dreigeschossigen Treppenhalle in die Höhe gelenkt. Das ganze Haus ist ein durch körperliche Bewegung zu eroberndes Raumkontinuum. Die Treppe verwandelt sich aus einem massiven Stufenberg zu einer im Raum hängenden leichten und stählernen Skulptur.

Der Kaminofen mutet als betongraue Plastik an, gliedert verschiedene Aufenthalts- und Funktionszonen und bildet den symbolischen Kern des Hauses. Architektonische Beleuchtungen und Möbeleinbauten sind in Wände und Decken integriert und für behagliche Frischluft sorgt eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Im Obergeschoss schneiden Fenster ausgewählte Blicke zur Natur und zur Sonne aus. Jeder Raum hat unterschiedlich große Öffnungen in zwei Himmelsrichtungen, so verändern sich im Tagesablauf die Lichtatmosphären und Schattenlandschaften. Auf diese Weise gleicht kein Zimmer dem anderen. Der gesamte Baukörper beider Obergeschosse mit den Eltern- und Kinderzimmern schwebt über dem komplett stützenfreien Erdgeschoss.

Alle lastenden Bauteile und haustechnischen Leitungsführungen sind nicht wahrnehmbar. Ein Raumgefühl ohne Schwere formt sich durch den warmen Grund der eichenhölzernen Böden.

„Entstanden ist ein Gebäude, welches die im heutigen Einfamilienhausbau mit konventionellen Budgetmöglichkeiten viel­fach eingesetzten Baustandards nutzt, um die atmosphärische Qualität und den Mehrwert an Lebensfreude nicht aus den Materialien, sondern aus Raumfindungen zu gewinnen“, erklärt Thomas Nebel. Die Baukosten wurden durch klug eingesetzte Eigenleistungen in einen Rahmen gesteuert, der den hohen gestalterischen Anspruch auch in einem Haus für eine normale Familie mit zwei Kindern ermöglichte. Echte Lebensqualität durch Großzügigkeit und unterschiedliche Dimensionen, diese Formel von Architekt und Bauherren ist mehr als aufgegangen. Das Ergebnis ist imposant. 

ORTHOGONAL
SCHLICHT
MIT LEBENDIGER
KOMPLEXITÄT

ARCHITEKT Nebel Pössl Architekten, Köln
LAGE Bergisch Gladbach
SONNENSCHUTZ Georg Musculus, Bergisch Gladbach
HAUSTECHNIK Voßwinkel, Kürten
DACHDECKER Helmar Mauren, Üxheim
SCHLOSSER fabianundschröder, Köln
AUSSENPUTZARBEITEN Mandrella, Bergisch Gladbach
SCHREINERARBEITEN André Schümmer, Köln
PARKETT Böttcher & Meider, Köln
MALERARBEITEN Helmut Mindermann, Köln