01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

holz ist der held


In dem Hagener Stadtteil Alt-Emst, der geschichtlich vom Charakter der Gartenvorstadt geprägt ist, entwarf das Architekturbüro Zamel Krug auf einem 550 m2 großen „Restgrundstück“ das Mietshaus mit zwei Wohneinheiten von 100 und 120 m2.

Umgeben von Einfamilienhäusern mit großzügigen Gärten, die das jeweilige Zeitempfinden zu ihrer Entstehungszeit wiederspiegeln, gibt das Haus aus der Feder des Hagener Architektenteams eine Antwort auf die Art und Weise, wie die voranschreitende Nachverdichtung der ehemals großzügigen stadtnahen Grundstücke gelingen kann, ohne den bestehenden, bis zu 50-jährigen Grünbestand oder die Beziehung der Neu- und Bestandsbauten untereinander nachhaltig negativ zu beeinflussen.

Durch die maximale Ausnutzung des trapezförmigen Grundstückes, den Erhalt und Einbezug des alten Baumbestandes, die leichte Hanglage des Geländes und der Reaktion auf die Bestandsbebauung und Grünflächen mit gezielten Blickbeziehungen, entstand ein Baukörper, der mit seiner schlichten und selbstverständlichen Erscheinung dem Kontext begegnet.

Das Gebäude spielt mit Statik und Dynamik, mit Abgrenzung und Aneignung der Umgebung. So definiert die nördliche und längste Wand mit ihrer Lochfassade zwar die eindeutige Grenze des Baukörpers zum Außenraum, jedoch kann sich ihm das Bauwerk mit den nach außen aufschlagenden Dreh- und Kippflügel der Fenster auch öffnen. Im Süden hingegen greift das Gebäude durch die unterschiedlich langen, geschlossenen und einander versetzten Wandscheiben in den Außenraum, öffnet sich hier jedoch nur in die Ost- und Westausrichtung durch raumhohe Verglasungen im Ess- und Wohnbereich. Ein direkter Blickbezug zum südlich liegenden Nachbargebäude ist somit nicht möglich, stattdessen werden die Blicke in das Grün des Gartens gelenkt. Der maximalen Ausnutzung des Grundstückes folgend, stehen die Scheiben parallel zur Nord- und Südgrenze des Grundstückes, die sich im Innenraum fortsetzen. Das Gebäude zeichnet sich durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Transparenz und Geschlossenheit aus.

Aufgrund des zu schützenden Wurzelwerkes und der leichten Hanglage des Geländes wurde das Gebäude nur teilunterkellert und bietet durch die Auskragung der selbsttragenden Bodenplatte im Osten Raum für drei geschützte PKW-Stellplätze und Nebenräume. Die Erschließung der Nutzungseinheiten erfolgt über eine außenliegende, wettergeschützte Stahltreppe. Schlafzimmer, Kinderzimmer und ein großer zusammenhängender Wohn-Essraum mit durchgängiger Verglasung und anschließender Terrasse nach Westen werden von den jeweiligen Eingängen auf der Südseite des Gebäudes erschlossen.

Das Wegenetz in Alt-Emst, schmal und ohne Gehwege, das schwer zugängliche Grundstück und der felsige Untergrund waren die Gründe für die Realisierung des Rohbaus in Großtafelbauweise. Die Anordnung der tragenden Längswände, die Querwände und Decken aus Holz und Verbundestrich, welche maximal vier Meter spannen und die Queraussteifung des Gebäudes sichern, ergeben ein statisch ökonomisches System. Bei der Wahl der Materialien und der Warmwasser- und Heizungsversorgung wurde nach dem Diktat der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit geplant. Die Außentreppe wurde als günstige Stahlkonstruktion mit LKW-Ladeabdeckungen als Belag und durchgefärbten Faserzementplatten als Treppengeländerfüllungen ausgeführt. Das Fenstersystem besteht aus Aluminium und innenliegenden Holzrahmen. Die Außenverkleidung aus Holz lässt das Gebäude dezent in seiner natürlichen Umgebung erscheinen. Dieses Auszeithaus hat den Bauherrenpreis vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW aus Münster bekommen und wurde vom BDA NRW ausgezeichnet. Hier lässt sich jederzeit die Reset-Taste drücken und herrlich entspannen.

www.zamel-krug-architekten.com

Nachhaltiger
Rückzugsort

ARCHITEKT   Zamel Krug Architekten, Hagen
LAGE   Hagen Alt-Emst
BAUJAHR   2005
FLÄCHE   2 Wohneinheiten, 100 m2 und 120 m2
DACHDECKER   battaglia + neuendorf, Breckerfeld