01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

französisches Flair

Ein bisschen Frankreich im hohen Norden sollte es sein. Garten- und Landschaftsarchitekt Soeren von Hoerschelmann sorgte mit einem Zusammenspiel von formal und natürlich für ein perfektes Savoir-vivre.

Der Garten ist nicht groß, doch seine Gestaltung lässt ihn großzügig erscheinen. Das Rückgrat bildet dabei ein deutscher Sandstein aus Burgpreppach: In unterschiedlichsten Formaten führt er Besucher zur Haustür, formt Brunnen und Wasserbecken, fängt als Trockenmauern die niedrigen Höhen ab und fungiert als Treppe – Vielfalt in der Form, Ruhe in der Materialwahl. Verbunden werden alle Bereiche mit einer Kiesschicht, übrigens auch als Mulch im Beet. Rasen sucht man vergebens. Am Anfang stand eine kleine, kernsanierte Villa im Osten Hamburgs mit einem verwahrlosten Garten. Als große Gartenliebhaber hatten die Bauherren kein konkretes Bild, wohl aber eine Vorstellung davon, welches Gefühl ihnen ihr grünes Zimmer vermitteln sollte: Frankreich. Im manchmal recht rauen Norden keine einfache Aufgabe für das Team um Soeren von Hoerschelmann.

Die Auswahl des Materials trägt wesentlich dazu bei, dass aus der Idee eine konkrete Gestaltung werden konnte: Burgpreppacher Sandstein ist durch seine angenehme Haptik wohnlich, er speichert die Sonnenenergie – und er darf altern. Ein ganz wesentlicher Punkt bei dem relativ weichen Material. Patina aus Flechten, Teppichthymian zwischen den Platten und Moos in den Mauerfugen erzeugen eine ganz eigene Qualität, die man nicht einfach herstellen kann. Sie muss gewollt sein und wachsen dürfen. Eine eher formale räumliche Aufteilung trägt ihren Teil dazu bei, Frankreich ganz leise anklingen zu lassen. Alle baulichen Elemente beziehen sich mit Parallelen oder rechten Winkeln auf das Haus. Eine ostentative Achse wurde vermieden, dies hätte den Garten eindimensional wirken lassen. Zur Straße hin öffnet sich ein Gartenteil mit einer Kiesfläche, die bei Bedarf auch als Stellplatz dient. Pflanzen sind der freundliche Rahmen für die Begrüßung aller Bewohner und Gäste.

Hinter dem Haus gelangt man über ein paar Stufen in den Gartenhof. Zur Seite hin durch einen individuell angefertigten Sichtschutz aus Lärchenleisten und Eibenhecken geschützt, bildet ein Brunnen den Mittelpunkt dieses Wohnzimmers im Freien. Die Terrassenfläche lädt als gemütliche Sitzgelegenheit ein, wobei der alles verbindende Kies auch eine erweiterte Nutzung zulässt. Über weitere Stufen gelangt man in das Pflanzenzimmer. Artifizielle Grashalme fungieren als Raumteiler zu anderen Gartenteilen. Die von weißblühenden Wisterien berankten Halme bestehen aus handgeschmiedetem Stahl. Eine Auswahl aus Stauden und Ziergräsern erfreut mit Struktur und Farbe das gesamte Gartenjahr hindurch, Pflanzen spielen hier eindeutig die Hauptrolle. Das Highlight bildet ein formales Becken, dessen weich geformter Rand zum Sitzen einlädt. Auch hier bildet Kies den flexibel nutzbaren Untergrund, der alle Elemente miteinander verbindet. Eine muschelartige Laube aus Stahlhalmen mit weißer Wisteria berankt, schützt vor neugierigen Blicken. Vorhandene Gehölze wurden als Gerüst der neuen Anlage miteinbezogen: Rotbuche, Trompetenbaum, japanischer Ahorn und Kugelrobinie waren schon da und werden vom pflaumenblättrigen Weißdorn, Quitten-, Apfel- und Lebkuchenbaum ergänzt. Stauden und Gräser haben Platz zu wirken, erfreuen die Bewohner und machen die Anlage lebendig. Damit ist eine weitere Qualität des Gartens beschrieben: Einem klaren baulichen Rahmen steht eine vielgestaltige und fröhliche Pflanzenwelt gegenüber. Dieses Zusammenspiel aus formal und natürlich ist vermutlich der eigentliche Grund, weshalb in diesem Garten das Savoir-vivre auf norddeutsch so gut gelingt.


www.gaertenvonhoerschelmann.de

Pflanzenzimmer mit Struktur und Farbe

Soeren von Hoerschelmann
Garten- und Landschaftsarchitektur, Hamburg