01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

Aussenküchen

Ein Beitrag von Landschaftsarchitekt Soeren von Hoerschelmann über das genussvolle Kochen outdoor.

Wirklich gute Partys finden in der Küche statt. Aber was, wenn Traumwetter in den Garten lockt? Dann bekommt der Garten eine Küche und voilà – die Außenküche ist geboren!

Es gab eine Zeit, da man auf klapprigen dreibeinigen Grills in orthopädisch bedenklicher Haltung, auf einem einzigen Grillrost über offener Kohleschale ein paar Würstchen angekokelt hat. Damals fragte mich eine Tageszeitung, welche kommenden Trends für den Garten ich sehe. Meine klare Antwort: Außenküchen.

Der Trend ist gekommen, aber wie! Heute greift man zur Plancha, zum Teppanyaki oder zum Kamado. Ja, Holzkohlegrills gibt es natürlich auch noch, neben Gasgrills, versteht sich. Das Ganze findet seinen Platz in einer festen Außenküche – mit Arbeitsplatte, Unterschränken, Spüle, Beleuchtung und Kühlschrank. Ach, den Smoker hätte ich fast vergessen. Es handelt sich also eindeutig um einen Sprung in der Evolution der Essenszubereitung unter freiem Himmel.

Dabei gibt es ja nichts ursprünglicheres, als sein Essen außerhalb geschlossener Häuser zuzubereiten: Die längste Zeit in der Menschheitsgeschichte war dies die gängige, in vorgeschichtlicher Zeit sogar einzige Art, an Gegartes zu kommen. Was also führt uns dazu, wieder die Häuser zu verlassen und an diese archaischen Ursprünge anzuknüpfen? Meine Theorie ist, dass wir als Homo viator, als reisende Menschen, aus allen Ecken der Welt nicht nur Souvenirs mitbringen, sondern auch Lebensarten kopieren, die uns begeistern. Angestiftet vom Asado in der argentinischen Pampa, dem BBQ im Süden der USA oder den fast schon obligatorischen Kochstellen im Freien, die wir an den mallorquinischen Fincas so lieben, wird bei vielen der Wunsch gewachsen sein, etwas von diesem Spirit zu Hause wieder aufleben zu lassen. Was gibt es Schöneres, als sich an einem lauen Sommerabend mit Familie und Freunden unter funkelnden Sternen zu versammeln, gemeinsam edle Speisen zuzubereiten, sie mit frischen Kräutern aus dem eigenen Garten zu würzen und anschließend genüsslich zu verzehren?! Und dann regnet‘s …

Das gab es im Urlaub natürlich nicht, denn die Länder, aus denen die Idee der Außenküche stammt, sind meist deutlich wetterstabiler als unsere Gefilde. Also wird der Wunschzettel um eine Überdachung erweitert, gerne auch mit der einen oder anderen geschlossenen Wand. So wird aus der Außenküche eine Gerade-Noch-Eben-Außenküche. Das Ganze, damit die Grillierenden bei ihrem kreativen Schaffen nicht nass werden. Konsequenterweise gibt es häufig gleich den Wunsch nach einem überdachten Sitzplatz dazu. Spätestens jetzt wird aus dem Garten ein erweiterter Wohnraum mit ähnlichen Qualitäten wie das eigentliche Haus. Man muss ein bisschen aufpassen, ein gesundes Gleichgewicht zwischen dem Gebauten und den Pflanzen zu bewahren.

Das Lifestyle-Objekt Außenküche wird dann auch entsprechend ausgestattet. Der Prestige BIPRO500 RB, das Big Green Egg XLarge oder den BBQ-Hydra alpha high-end verlangen gleichwohl eine gewisse Expertise. Aus der Erdgrube, in die nach erfolgreicher Jagd ein großer Klumpen Fleisch auf glühende Kohlen geworfen wurde, sind hochtechnische Geräte geworden, die adäquat bedient werden wollen. Die kryptisch-technischen Gerätenamen fordern meiner Erfahrung nach häufig die Männer heraus, tiefer in die Materie einzusteigen, den optimalen Grill für die nicht weniger soignierten Speisen zu wählen. Denn auch im Freien darf es bei aller wilden Romantik heutzutage gerne glutenfrei, kalorienarm und exotisch zugehen. Fleisch muss nicht unbedingt sein.

Passend dazu gibt es inzwischen ein schier unüberschaubares Angebot für den ambitionierten Außenkoch: Magazine mit dem ultimativen Grillzangentest, Kurse „Grillen like a Boss!“, Grillstützpunkte mit Adventure Floor und so weiter. Selbst eine Grillweltmeisterschaft gibt es. Ein Blick auf die dazu veröffentlichten Fotos unterstützt meinen subjektiven Eindruck, welches Geschlecht dort primär angesprochen werden soll.

Angesichts der sich wandelnden Rollenbilder ist das vielleicht auch gar nicht verwunderlich: Wenn moderne Männer sich zunehmend um Kinder und Haushalt kümmern, ist es nur folgerichtig, wenn sie endlich nicht mehr nur auf Rasenmähen und Äste absägen gebucht sind. Mit der Außenküche finden ihren Platz im Garten an einer Stelle, in der sie mitten im sozialen Leben stehen, ihre Liebsten mit Speis und Trank versorgen und so die Rolle des Sorgenden ausüben dürfen. Die Hoffnung schwingt mit, dass dies wenigstens ein kleiner Beitrag zur Geschlechterverständigung sein kann. Der Garten als Beitrag für eine progressive Gesellschaft. Wenn das nichts ist!

Und selbst, wenn das nicht so sein sollte: Bei der Party in der Außenküche sind wirklich alle dabei. Und das ist doch auch schon mal etwas.

Soeren von Hoerschelmann

www.gaertenvonhoerschelmann.de