01 22 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

Angewandte Kunst

Nach dem Vorbild der Insel Hombroich entwickelten Bub Architekten ein Ensemble aus Strandhaus und Künstler-Atelier am Elbstrand, das ganz selbstbewusst auftritt und sich skulptural in die Landschaft einfügt.

Was für eine Aussicht – vorn die Elbe am Falkensteiner Ufer, hinten das denkmalgeschützte Industriegebäude, rechts und links die Schönheit des Landschaftsschutzgebietes. Hier an diesem unvergleichlichen Ort standen zwei in der Bauart identische Gebäude auf quadratischer Fläche in dunklem Ziegel mit schwarzem Zeltdach, die ursprünglich als Wohnung der Werksmitarbeiter und als Pumpenhaus für das ehemalige Wasserwerk gegenüber genutzt wurden. Sie wirkten trist und abweisend, nicht ansatzweise der traumhaften Umgebung gerecht.
Die Aufgabe für die Architektin Alexandra Bub von Bub ­Architekten war klar: Einerseits sollte moderner Wohnraum für die künstlerisch tätige Bauherrin mit ihrer Familie entstehen, anderer­seits ein Ort für kreatives Schaffen. Doch aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet war hier ein Neubau nicht geneh­migungsfähig, daher wurden beide Bauten unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes umgebaut und energetisch ertüchtigt. So entstand aus der Feder der Architektin eine Künstlerstätte als Ensemble: Wohnen in großzügigen, fließenden Flächen mit ­fantastischen Aussichten in alle Richtungen, daneben im ehemaligen Pumpenhaus zwei flexibel nutzbare Künstlerateliers.
Nach dem Vorbild der Insel Hombroich schuf die Architektin das Entwurfskonzept: Massive Skulpturen, die sie sich in den umgebenen Landschaftspark einfügen und doch von ganz eigenem Charakter sind. Lebendiger orange-roter Ziegel zieht sich über Fassaden und Dachflächen, die durch klar definierte Ausschnitte sensibel gegliedert sind. Die handgefertigten Tonziegel der dänische Firma Petersen Tegl wurden durch die außerordentliche Handwerkskunst der Zimmerei zu einem großen Ganzen zusammengefügt, wie zu einem Bild. Die Schönheit der Gebäude findet sich sowohl im Detail als auch in der Fernwirkung wieder, nicht nur in der Farbgebung, die harmonisch mit der des Denkmals korrespondiert. Ziel der Neugestaltung war die Überformung der bestehenden Gebäude. Zum einen sollte ein optisch ansprechendes Gegenüber zum denkmalgeschützten ehemaligen Wasserwerk auf der Nord­seite entstehen. Zum anderen sollten sich die Baukörper in zeitloser Formensprache ganz selbstverständlich in die Umgebung einfügen. Dies gelang durch die optische Auflösung der Grenzen zwischen Privatgrundstück und öffentlichem Landschaftspark. Der Freiraum an den Häusern orientiert sich mit Obstbäumen, Gräserfeldern und Buchenhecken an der Vegetation der Umgebung.

Da die Gebäude durch ihre Wasser­nähe im Überflutungsgebiet der Elbe liegen, stellte der Hochwasserschutz eine besondere Herausforderung dar. Um sie bei einer Sturmflut zu schützen, wurden die Außenwände bis zur Hochwasserbemessungsgrenze druckwasserdicht abgedichtet und alle Öffnungen mit Dammbalkenanlagen ausgestattet. Weiterhin wurden verdeckte Entwässerungsrinnen vor bodentiefen Öffnungen eingesetzt, zusätzliche Pumpenanlagen und Hochwasserschieber zur Vermeidung von Rückstau realisiert, die Haustechnik im Dachgeschoss angeordnet, zusätzliche Rettungswege geplant und eine sehr bewusste Materialauswahl getroffen. Natürlich immer unter Berücksichtigung dessen, dass sämtliche Schutzmaßnahmen möglichst unauffällig integriert werden, um das Gesamtbild nicht zu stören.

Der Dialog des Ensembles wird durch einen Laubengang unterstrichen. Er verbindet beide Gebäude miteinander, ohne ihre Eigenständigkeit in Frage zu stellen. Die fließende Formsprache der lichten Innenräume besticht durch sinnliche Askese und dient als ruhiger Hintergrund, der nicht in Konkurrenz zur Architektur tritt. Die Räume mit flexibler Nutzung werden durch farblich leicht abgesetzte Einbaumöbel im zarten Grauton mit filigranen Details gegliedert, ihre Stirnseiten korrespondieren mit den gelaugten und geseiften Eichendielen. Durch die Kreativität der Architektin und der Handwerkskunst der Gewerke in Verbindung mit Anmut ausgewählter Materialien entstand nicht nur eine gelungene Verwandlung für Kunstschaffende und Familie, sondern auch ein besonderer Ort, der Nachbarn und Erholungssuchenden im öffentlichen Raum zugutekommt.


www.bub-architekten.de

Handwerkskunst vom Feinsten

ARCHITEKT BUB architekten bda, Hamburg
TEAM Alexandra Bub und Annaleen Feindt
LAGE Am Elbstrand in Hamburg, Blankenese
BAUJAHR 2021
FLÄCHE 150 qm Wohnfläche,
2.656 qm Grundstücksgröße
FASSADE/DACH Zimmerei Lück, Wiefelstede