01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

ALLES, AUSSER GEWÖHNLICH

Geschlängelte Wege, lauschige Plätzchen – mit „Haus im Park“ assoziiert man gern Gediegenes, meist vor dem Hintergrund solider Tradition. Nur wenig davon spielte eine Rolle, als das Kölner Ehepaar im Umland auf Haussuche ging, fündig wurde und gemeinsam mit dem Kölner Studio a.s.h. dem Ganzen eine neue Seele einhauchte.

Sie fanden Gefallen an einem 10.000 qm Grundstück mit üppigem Baumbestand – und an der Herausforderung, die sich mit dem Gemäuer darauf abzeichnete. Konfrontiert mit einem Flickwerk der 60er-, 70er- und 80er-Jahre, entschied man sich für eine Radikalkur. Überflüssige Wände und Decken wurden entfernt, und die gestückelten Fußbodenflächen durch einen fugenlosen Estrich in Hellgrau vereinheitlicht. Einzig der mit Backstein verkleidete Kamin überstand die Befreiungsaktion. Die Basis für ein loftiges Wohnkonzept war geschaffen.

Um der fließenden Raumstruktur Halt zu geben, wurde die Küche in den Mittelpunkt gerückt und um die Funktion des Empfangs erweitert. Ein mächtiger Block aus Bianco Statuario avanciert zum zentralen Gestaltungselement im Erdgeschoss. Die kantige Erscheinung signalisiert kühle Distanz, doch der Schein trügt: Neben den Küchenutensilien verbirgt sich hier sogar das „Herdfeuer“ – so steht das signifikante Beispiel für die außergewöhnlichen Kontraste, die die Kölner Innenarchitektinnen von a.s.h. im ganzen Haus umsetzten. Der passende Gegensatz dazu: eine Deckenkonstruktion aus anthrazitfarbenem Holz. Sichtbare, dunkle Balken zeugen für gestalterische Überhöhung ohne Funktion, ihre Holzoptik transportiert das Motiv des beschützenden, massiven Dachstuhls und gibt der Küche einen festen Ort. Angesichts der offenen Raumgestaltung wurde besonderer Wert auf wohldurchdachte Übergänge gelegt. Eine Stelle, an der vier Bereiche aufeinandertreffen, ist das Bar-Element an der Rückwand der Küche.

Hier löst eine verspiegelte Rückwand die Ecke optisch auf. Das kleine Regal ist sowohl von der Küche und vom Tresen her, als auch vom Esstisch und auf dem Weg ins Kaminzimmer erreichbar. Anklänge an Pavillonarchitektur werden im Kaminzimmer spürbar. Durch Spiegel an den Rückwänden dringt das weitläufige Grün des Gartens in die Bücherregale. Die Fächer sind teilweise stark überhöht, und Klemmleuchten an farbigen Kabeln ironisieren das Thema „Bibliothek“. Dennoch bleibt das Zimmer ein Ort des Rückzugs. Zwei einladende Sessel im vorderen Bereich sind an der Position des Kamins ausgerichtet. Der hintere Raum ist dem großformatigen Bild eines in sich gekehrten Nashorns vorbehalten: Der Druck der wandfüllenden Tapete mit textiler Eigenstruktur von Wall & Deco besteht aus drei übereinanderliegenden Ebenen.

So, wie sich Außen und Innen durchdringen und kleinteilige Strukturen mit großen Formaten verschmelzen, stehen auch Farbe und Oberfläche in Beziehung. Sie werden zugunsten der Stile und Oberflächen reduziert – da waren sich die Bauherrn und das Studio a.s.h. einig. Dies war nicht nur die praktikabelste Lösung wegen des vorhandenen Mobiliars, vielmehr stand eine Prise „Glam & Glow“ auf dem Wunschzettel. So wurde das Eichenholz der Innenausbauten zunächst grob gebürstet und im Anschluss mit einer metallischen Schicht versehen – die natürliche Struktur bleibt erhalten und die Oberfläche erscheint ungewohnter und moderner.

Das Motto des Schlafzimmers könnte man bescheiden mit „die Schöpfung“ umschreiben – allerdings vor der Generalprobe. Dimmbare Sterne hängen an langen Strippen vom Gerüst statt vom Himmelszelt. Der silbrig-blaue Vorhang mit Metallanteil im Gewebe erinnert an ein Gebirge, das wie eine sperrige Requisite vor dem Fenster steht, während zartes Hellblau und warmes Messing die Temperatur im Raum mildern. Ein Rechteckraster überzieht wie ein universelles Konstruktionsprinzip eine gesamte Wand. In dieses Raster sind Schranktüren integriert sowie eine Ankleide. Für die nötige Prise Eklektizismus sorgen kleine Leuchten neben dem Bett.

Dank der großen Übereinstimmung zwischen Bauherren und Planern benötigte das Projekt von Entwurf bis Fertigstellung nur etwa ein Jahr.

KRAFTVOLLE KONTRASTE.
STIMMIGES GESAMTBILD.

INNENARCHITEKTEN Studio a.s.h., Köln
KÜCHE
Hersteller: Poggenpohl, Thelen, Mönchengladbach;
Naturstein: KMD Natursteine, Gotha
BIBLIOTHEK Tischlerei Contur, Bergisch Gladbach
SCHLAFEN Einbauten/Bett: Slangen
Interieurbouw, Maastricht
WC NATURSTEIN: KMD Natursteine, Gotha