01 23 Magazin für Architektur, Garten und Lebensart

1926 Reloaded

Vieles war in gutem Originalzustand, als die vierköpfige Familie das Siedlungs­häuschen übernahm. Reichwaldschultz zeichnen sich für Umbau und Innenarchitektur verantwortlich. Und gingen dabei sehr behutsam vor.

Man schrieb das Jahr 1926, als das Siedlungshäuschen im Stadtteil Fuhlsbüttel erbaut wurde. Rund 100 Jahre später kamen bei der Kernsanierung unter einigen Boden-Schichten alte Originalflächen zum Vorschein: Ein sehr gut erhaltener Terrazzo und ein Pitchpine-­Boden aus Massivholzdielen konnten freigelegt und wiederaufgearbeitet werden. Sorgsam im Umgang mit den ursprünglichen Strukturen erhielten Reichwaldschultz die alte Fassade, Original-Proportionen wie das schmale WC-Fenster, abgerundete Ecken in den Räumen sowie die zweimal in sich gedrehte Treppe, die hinauf auf den Spitzboden des Hauses führt.

Für die Bauherren stand felsenfest: Die neue Küche mit Küchenblock und Esszimmer sollte sich gen Süden Richtung Terrasse und Garten öffnen und den größten Platz der ­kleinen Wohnfläche einnehmen. So entstand durch zwei Durchbrüche ein Rundlauf der Räume um eine raumhohe Box, welche ­zentral in den Grundriss gestellte ist. Sie dient als Multifunktionskern des Erdgeschosses.

Zum Wohnraum hin – eine gemütliche kleine Sofa-Fernsehnische – liefert sie Platz für Bücher, TV und Musik. Zur Diele übernimmt sie die Funktion des Garderobenschranks und in der Küche bietet sie Stauraum mit Einschnitt für die Arbeitsfläche um das Spülbecken. „Wir haben das absolute Maximum im Zentimeterbereich herausgekitzelt. Dies zeichnet ohnehin unser Büro auch aus“, erklärt Architekt Peter-Karsten Schultz. „Gemeinsam mit den Bauherren haben wir die Küchenzeile aus Pappkartons nachgebaut, um die Proportionen darzustellen.“ Durch die Schiebetüren lassen sich im Übrigen alle Räumlichkeiten wieder voneinander trennen.

Zunächst dachte man daran, für Kinder eine Art Maisonette unter dem Dach zu planen. Doch nach einigen Entwürfen entschloss man sich, ihnen die erste Etage mit Bad komplett zu überlassen und das Elternschlaf­zimmer ganz oben unterzubringen. Ohnehin war die Wohnfläche mit 97 Quadratmetern für vier Personen recht knapp bemessen. Durch den Dachausbau zum Studio mit Schlafraum, Bad und Ankleide konnte sie auf 130 Quadratmeter erweitert werden. Im bisher nicht ausgebauten Dach wurde die Höhe des Spitzbodens bis zu 4,40 Meter vollständig ausgenutzt. Zwei große Dachfenster öffnen sich nach Süden zum Garten hin, um ein luftig-leichtes Erlebnis von Schlafen, Entspannen und Arbeiten zu schaffen. Auch das schmale lange Elternbad spielt mit der Höhe des Giebelraums. Auf gesamter Länge der hohen Giebelwand ist eine Raumskulptur mit Badewanne, Dusche und langer Waschbeckenablage vorgestellt. Die Oberflächen aus grauem Beton Ciré unterstützen die Raumwirkung und setzen sich vor der weiß geschlemmten Giebelwand aus sichtbarem Mauerwerk ab. In der Dusche findet sich eine kleine Luke im First, die den Blick in den freien Himmel zulässt. Ein herrliches Erlebnis, nicht nur bei Nacht.

www.reichwaldschultz.de 


Zeitlos schön

UMBAU/INNENARCHITEKTUR
ARCHITEKTEN REICHWALDSCHULTZ
ARCHITEKTUR & URBANISTIK, Berlin/Hamburg
STANDORT Hamburg
GRUNDSTÜCKSGRÖSSE 515qm
WOHNFLÄCHE 130qm
FERTIGSTELLUNG 2015
UMBAUARBEITEN RM Wohnbausanierung, Hamburg
KÜCHENBAUER MEIRO Design, Norderstedt
FENSTERBAUER Nordfenster, Ammersbek
FLIESENARBEITEN Barros Bauservice, Hamburg
AUFARBEITUNG TERRAZZOBODEN Giovanni Santini, Hamburg